Das diesjährige Summer Soaring Camp auf der Flying M Ranch des Hotelkönigs und Fliegerenthusiasten Barron Hilton fand vom
1.- 11. August statt.

Eingeladen waren neben den Gewinnern des Cups 94/95 die drei amtierenden Segelflugweltmeister sowie eine große Anzahl von Ehrengästen.

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am Ende des Berichtes!

Ich hatte mir meine Fahrkarte nach Nevada am 30.06.95 mit einem 752 km FAI Dreieck auf unserer Vereins Std-Libelle erflogen. Der Kurs dieses Dreiecks führte von meinem Heimatflugplatz Geitau zunächst ins Engadin zur ersten Wende "Croet A. R. Bachbrücke" im Averser Rheintal (westlich von St. Moritz), von dort die Alpensüdseite entlang zur zweiten Wende "Villach Gail Eisenbahnbrücke" und schließlich über den Alpenhauptkamm wieder zurück nach Geitau.  

Daimler-Benz Partner des Barron Hilton Cups

Erstmals mit von der Partie war Daimler-Benz als Partner und Sponsor des Barron Hilton Cups. Als oberster Vertreter der Daimler-Benz Aerospace war Dr. Manfred Bischoff mit zahlreicher Begleitung zur Siegerehrung auf die Flying M Ranch gereist. Nach der offiziellen Feier am frühen Nachmittag des 2. August stand "Prominentenfliegen" auf der Tagesordung, bei dem Dr. Bischoff in einem Twin 3 Acro die grandiosen Segelflugbedingungen Nevadas kennenlernen konnte.

Erste Bekanntschaft mit der Wüstenthermik

Ab dem 3. August war dann für die Teilnehmer des Camps endlich Fliegen angesagt. Zur Verfügung standen Standard- und Rennklasseflugzeuge sowie zwei Doppelsitzer. Die Verteilung erfolgte nach dem bewährten System, bei dem die Wahlprioritäten für die einzelnen Piloten Tag für Tag durchgewechselt werden.

Das Wetter stand bei diesem Camp unter einem guten Stern. Obwohl der erste Tag mit vereinzelten Cu's, einer Basis von etwa 16000 ft und Steigwerten bis 6 m/s bereits zeigte, wie gut die Thermik in der Wüste Nevadas und Californiens sein kann, wurde der Tag von allen Teilnehmern zum Kennenlernen und Erkunden der näheren Umgebung und der speziellen Bedingungen genutzt. Die folgenden drei Tage waren dann zwar gut fliegbar, doch wurde deren segelflugmeteorologische Qualität aufgrund von Blauthermik bis maximal 11000 ft und Steigwerten von maximal 2-3 m eher als mäßig beurteilt. Wegen der geringen Arbeitshöhe (unter 9000 ft sollte man sich Gedanken übers Landen machen) waren dann auch keine übermäßig großen Überlandflüge möglich, sondern es galt sich die Thermikstruktur in der unteren Etage zu erarbeiten. Dies war ebenso lehrreich wie schwierig, da die Verhältnisse überhaupt nicht mit europäischen vergleichbar sind: während es bei uns durchaus üblich ist einen Bart in 300 m über Grund einzufädeln, kann man dort bereits unter 1500 m Gnd ernsthafte Probleme bekommen. So verwundert es auch nicht, daß sich das Wegkommen nach einem normalen F-Schlepp auf ca. 600-800 m oft äußerst schwierig gestaltet und Absaufer zur Tagesordnung gehören.

Ankündigung von Rekordwetter

Es sollte jedoch nicht bei diesen mäßigen Blauthermikverhältnissen bleiben. Bereits am Montag, den 5. August hatte unser Chef Meteorologe Dan Gudgel optimales Wetter für den 8. und 9. August angekündigt: hochlabile Luftmassen aus SO sollten in Verbindung mit sehr starker Bodenerwärmung Rekordbedingungen schaffen und 1000 km Flüge möglich machen. Schon am 7. August machte sich der Luftmassenwechsel bemerkbar und erlaubte traumhafte Flüge über den hohen Sierras. Während dort bei 4/8 Cu Bewölkung in über 18000 ft sorglos Strecke zurückgelegt werden konnte, blieben die Gebiete östlich davon absolut blau. Da an diesem Tag noch "Genußfliegen" angesagt war, blieb auch Zeit die atemberaubende Bergwelt der High Sierras zu genießen. Dagegen war ab dem nächsten Tag Rekordfieber ausgebrochen und die Bewunderung landschaftlicher Schönheiten gehörte mehr oder weniger der Vergangenheit an.

Die 1000 km Tage

Dan Gudgel blieb bei seiner Wetterprognose und versprach am Morgen des 8. August Rennwetter. Ich hatte zwar keine Zweifel an Dan's Vorhersage, doch schien es mir - ehrlich gesagt - unrealistisch an einem Nachmittag 1000 km zu fliegen. Denn die Thermik setzte erst relativ spät ein und war maximal nur bis 18:30 oder 19:00 Uhr nutzbar. Bei einem frühestmöglichen Startzeitpunkt nach 11:00 Uhr war an einen Abflug vor 12:00 Uhr nicht zu denken und selbst unter Einbeziehung von 1 Stunde Endanflug würden höchstens nur 7 bis 8 Stunden zur Verfügung stehen eine Aufgabe zu bewältigen. Also ließ ich mich auch an diesem Tag noch nicht zu einer Ausschreibung verführen, wurde aber bald eines besseren belehrt: die Thermik war einfach phantastisch und für mich war es das erste mal, bei einer Basis von 19000 ft, mittleren Steiwerten von 5 bis 7 m/s, Spitzenwerten bis 10 m/s und traumhaften Wolkenstraßen mehrere 100 km kreislos und großenteils mit maximaler Vorfluggeschwindigkeit unterwegs zu sein. Am eindruchsvollsten dokumentierten die beiden Franzosen diesen grandiosen Tag: Julien Henry hatte das 1000 km Jojo mit einer SZD59 vollendet, während Eric Soubrier eine 500 km Ziel-Rück Aufgabe mit einem Ventus c in sage und schreibe 2 Stunden und 34 Minuten löste. Das überzeugte dann auch die letzten Zweifler und so wollten am folgenden Tag, den 9. August, acht Piloten die 1000 km angehen.

Wieder Kampf ums Wegkommen

Die Wetterdaten am Morgen des 9. August waren wieder vielversprechend. Da ich nur eine mittlere Wahlpriorität bei der Verteilung der Flugzeuge hatte, waren alle Rennklasseflugzeuge bereits vergriffen. Bei den Standardklassemaschinen fiel meine Wahl schließlich auf den Discus. Mit über 180 l Wasser geht das Gerät ja nicht schlecht, und meine ca. 1000 Stunden Erfahrung auf diesem Typ sollten eine Eingewöhnungsphase hinfällig machen. Der Schleppbetrieb wurde gegen 11:15 Uhr aufgenommen und am Himmel zeigten sich bereits erste Kondensen. Doch wieder einmal mußte fast jeder Pilot die leidliche Erfahrung machen, daß selbst nach einem 1000 m Schlepp der schnelle Anschluß an die Hammerthermik nur selten gelingt. Während einige Maschinen wieder landen mußten, gehörte ich zu denen, die einen Absaufer gerade noch vermeiden konnten. Über eine Stunde kämpfte ich zwischen 400 und 1000 m über Platz, mal eine "rote Null", mal eine "schwarze Null", dann  1 m/s zerissenes Steigen und gleich wieder konstantes Saufen. Ich hatte wirklich den Eindruck, die Thermik geht nicht vom Boden weg! Endlich, gegen 12:45 Uhr hatte ich den entscheidenden Bart. Mit durchschnittlich 6 - 7 m/s ging's bis an die Basis in 18000 ft, so daß ich um 13:00 Uhr endgültig abfliegen konnte. Wäre ich am Tag zuvor nicht unterwegs gewesen - niemals wäre ich um diese Zeit noch ernsthaft zu einer 1000 km Aufgabe gestartet!

Endlich Abflug 

Mein Zeitplan sah vor für die ersten 2 x 250 km höchstens je 1,5 Stunden zu benötigen, während ich mir für die zweite Hälfte maximal 2 Stunden pro 250 km gönnen wollte. Die Strecke führte von der Ranch östlich des Mono Lake vorbei nach Süden Richtung White Mountains. Dieser Gebirgszug östlich des Owens Valley bildet zusammen mit den sich weiter südlich fortsetzenden Inyo Mountains eine kaum zu überbietende Rennstrecke. Östlich des Owens Lake laufen die Inyo Mountains aus, und da wir uns bereits 250 km südlich der Flying M Ranch befinden, bietet es sich an hier die erste Wende zu plazieren: "Gerro Gordo Pass Parking" ist zu umrunden, ein kleiner Parkplatz auf der Paßhöhe der Straße, die von Keelero auf die Ostseite der Inyo Mountains führt. Obwohl ich auf dem ersten Schenkel keine Probleme hatte und kaum einen Bart unter 6 m/s annahm, zeigte die Uhr bereits 14:45, also schon 15 Minuten hinter meinem Zeitplan.

250 km in 1 Stunde 15 Minuten

Ich mußte noch schneller werden. Konsequent versuchte ich, meinen Kurbelanteil noch weiter zu verringern. Die jetzt noch wesentlich besser ausgebildete Wolkenstraße hatte mir dabei auf dem Weg zurück nach Norden sehr geholfen und so gelang es mir, den zweiten 250 km Abschnitt in nur 1 Stunde und 15 Minuten zu bewältigen. Ganze 2 Bärte hatte ich mitgenommen, und das eigentlich nur, weil sie mit Steigwerten zwischen 8 und 10 m/s auf jeden Fall zur Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit beitrugen. Ich war sehr zufrieden die zweite Wende 3 Meilen nördlich des Mount Grant um 16:00 Uhr umrunden zu können. Also nichts wie weiter, die Chancen stehen nicht schlecht!

Fehlentscheidungen auf dem 3. Schenkel

Obwohl ich mit Nachdruck versuchte, möglichst nicht unter 12000 ft zu kommen, passierte es ¼ Stunde nach der Umrundung der 2. Wende dann doch: die White Mountains schon wieder im Visier, folgte ich nicht konsequent den Wolken, die sich einige Kilometer weiter westlich des Kurses aufreihten. Bestraft wurde ich bei meinem "Abkürzer" mit relativ starkem Sinken, so daß ich mich bald in 10000 ft wiederfand. Prompt hatte ich dann auch Probleme, wieder guten Anschluß zu finden. Um kein weiteres Risiko einzugehen, nahm ich einen 2 m Bart an, der erst oberhalb von 14000 ft befriedigende Steigwerte bis zu 5m/s lieferte. Das war also der erste gravierende Fehler bei diesem Flug - er kostete sicherlich 10 bis 15 Minuten. Aber was hilft's, verloren ist das Rennen deswegen noch lange nicht. So wie beim zweiten Schenkel mochte es jedoch einfach nicht mehr laufen. Die vor gut einer Stunde noch so perfekt ausgebildete Wolkenstraße wurde zunehmend löchrig, und selbst an den White Mountains ordnete sich die Thermik offenbar zu einer mehr punktförmigen Struktur um. Wesentlich häufigeres Kurbeln war die Folge, so daß ich den vorangegangenen Fehler nicht wieder gutmachen konnte. Ganz im Gegenteil, der nächste bahnte sich bereits an: die letzten 20 km vor der dritten Wende "Xing Road South of Keelero" waren bereits blau und ließen ein größeres Gleitstück erwarten. Nachdem ich eine ganze Reihe von Bärten wegen unbefriedigender Steigwerte durchflogen hatte, war ich auf die letzte Wolke angewiesen, um maximale Höhe für die Umrundung der dritten Wende zu gewinnen. Und wie hätte es anders sein sollen - diese Wolke brachte überhaupt nichts mehr, sondern war bereits ins Zerfallstadium übergegangen.

Risikoreicher Abflug zur 3. Wende

Die Entscheidung, die ich nun treffen mußte, war entweder zurückzufliegen bis ich wieder gutes Steigen finden würde, oder aber mit 14000 statt 18000 ft losgleiten und das Risiko eingehen, relativ tief an die Inyo Mountains zurückzukehren. Da die Uhr bereits 17:50 zeigte, entschied ich mich für die zweite Lösung. Ganz wohl war mir dabei nicht, aber die Zeit läuft und vermutlich gibt es höchstens noch eine Stunde Thermik. Auf dem Weg zur Wende war erwartungsgemäß kein Steigen mehr zu finden; dennoch trug es recht gut, so daß ich weniger Höhe vernichtete als befürchtet. Nach der Umrundung der Wende punkt 6:00 Uhr war ich - den gleichen Weg zurückfliegend - an den Inyo Mountains in knapp 10500 ft wieder unter der ersten Wolke angekommen. Die Anspannung war enorm, denn der Anschluß war in dieser Höhe und um diese Tageszeit mehr als ungewiß, zumal sich die Wolken bereits eine halbe Stunde zuvor als sehr unzuverlässig erwiesen. Doch ich hatte Glück: nur ein Kreis war notwendig, um einen 6 m Bart zu zentrieren, der mich schließlich wieder bis an die Basis zurückbrachte. Wirklich erstaunlich um diese Zeit, hatten wir doch die Tage zuvor die Erfahrung gemacht, daß die Thermik spätestens nach 6 Uhr schnell schwächer wird.

Erste Gedanken an den Endanflug

Allmählich wurden Gedanken an den Endanflug wach. Mir war klar, daß ich spätestens zwischen Bishop und dem White Mountain Peak die dazu erforderliche Höhe machen mußte. Ich bemühte mich jetzt mehr als zuvor so hoch wie möglich zu bleiben. Dies gelang auch ganz gut, da das inzwischen recht schwach gewordene Steigen dafür umso großflächiger wurde. Um 6:50 Uhr konnte ich schließlich südlich des White Mountain Peak den letzten 1 m Bart einfädeln. Wie erhofft erreichte ich gute 18000 ft, was für den Endanflug über 140 km sogar eine geringe Reserve beinhalten sollte. Der nun folgende Endanflug war der faszinierendste, den ich je erlebt hatte: durch die Dauer von nahezu einer Stunde war der Erfolg lange Zeit nicht sicher. Die Anspannung war groß, zumal die Strecke zwischen Bishop und der Ranch kaum landbar ist. Die Stimmung im abendlichen Licht der tiefstehenden Sonne wird mir unvergessen bleiben, und die mich umgebende Ruhe hatte meine Empfindungen noch intensiviert. Endlich, etwa 30 km vor der Ranch, war ich mir sicher, daß es reicht.

Überwältigender Empfang auf der Flying M Ranch

Der Discus war noch voll Wasser und so kündigte ich an der Ranch einen tiefen High-Speed Überflug an. Es war einfach schön, am Rand der Runway viele winkende Leute zu sehen. Der Empfang war überaus herzlich, und kaum war ich aus dem Flugzeug gestiegen, hatte mir Barron Hilton einen Becher Sekt gereicht. Ich glaube, Barron war ebenso glücklich wie ich. Sichtlich besonderen Spaß bereitete im das Ritual, mir Sekt über den Kopf zu schütten - auch das gehört an einem solchen Tag mit dazu.

Let's go to the pool

Nach dem Abendessen stand dann noch ein letzter Tagesordnungspunkt auf dem Programm: nachdem sich Barron eine Liste mit den Piloten geben ließ, die an diesem Tag eine angemeldete Aufgabe bewältigten, kündigte er mit den Worten "Let's go to the pool" eine Tradition an, die es wohl ebensolange gibt wie den BHC selbst: die entsprechenden Piloten wurden samt Montur ins Swimming Pool geschmissen. Der Spaß war perfekt und die Photografen hatten an den plantschenden Piloten ihre helle Freude.

Natürlich war ich an diesem 9. August nicht der einzige, der seine Aufgabe schaffte. Neben mir hatten Markku Kuittinen - amtierender Standardklasse Weltmeister aus Finnland - auf Ventus c, Eric Soubrier - Frankreich - auf ASW20, Hannes Linke - Deutschland - auf  LS6 und Peter Ryder - Deutschland - auf Kestrel  die 1000 km Strecke geflogen.

Der letzte Flugtag

Es bleibt zu erwähnen, daß der letzte Tag unseres Camps, der 10. August,  nochmals mit hervorragender Thermik aufwartete. Für Wolfgang Janowitsch war er auf jeden Fall noch gut genug, einen neuen österreichischen Geschwindigkeitsrekord über die 300 km Ziel-Rück Strecke zu erfliegen. Die 1000 km Strecke war jedoch nicht mehr machbar; zunehmende Feuchtigkeit hatte bereits zu Überentwicklungen, Ausbreitungen und einzelnen Schauern geführt, wodurch eine weitgehend homogene Thermikentwicklung stark gestört war.

 

Am Ende des Camps waren sich alle Teilnehmer einig: 10 Tage auf der Flying M Ranch von Barron Hilton sind ein einmaliges und unvergeßliches Erlebnis. Insbesondere war es eine große Ehre persönlicher Gast von Barron Hilton zu sein - die Gastfreundschaft kannte keine Grenzen. Und, wie Barron auf seiner Abschlußrede betonte, eine der wichtigsten Komponenten dieses Camps ist die Knüpfung neuer Freundschaften rund um den Erdball - Freundschaften, die auf der gemeinsamen Leidenschaft "Segelfliegen" beruhen.  

 Hans Fitterer

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Erstellt: 10.11.1999   letzte Änderung: 4/16/2009   Die Seiten des LSC Schliersee werden betreut von Kajertan Nürnberger   Hinweise